Inflation: Inflationsmessung

Inflation: Inflationsmessung
Inflation: Inflationsmessung
 
Die Inflation wird gemessen am Anstieg eines Preisindex, der das allgemeine Preisniveau am besten widerspiegelt. Der prozentuale Anstieg des Preisindex in einem bestimmten Zeitraum wird als Inflationsrate (Preissteigerungsrate, Teuerungsrate) bezeichnet. Die Inflationsrate informiert über den jährlichen Kaufkraft- oder Geldwertverlust und liefert damit die statistische Grundlage dafür, ob das Ziel Preisniveaustabilität erreicht ist.
 
 Welcher Preisindex soll gewählt werden?
 
Ein Preisindex ist ein gewichtetes Maß von einzelnen Preisen einer bestimmten Güterkategorie bezogen auf ein Basisjahr. Üblicherweise wählt man für das Basisjahr den Wert 100. Sinnvoll kann ein Preisindex nur bezüglich seiner Veränderungsraten, den Inflationsraten, nicht jedoch hinsichtlich seines Niveaus interpretiert werden. Die Inflationsrate als Prozentzahl ist dabei von der absoluten Veränderung des Preisindex zu unterscheiden: Steigt der Index um zehn Indexpunkte von 200 auf 210, so errechnet sich eine Teuerungsrate von 5 %. Die meisten Preisindizes beruhen auf den Formeln von Hermann Paasche (1851-1922) oder von Ernst Louis Etienne Laspeyres (1834-1913). Das geometrische Mittel beider Preisindizes ergibt den Idealpreisindex. Unterschiede zwischen Paasche-Preisindex und Laspeyres-Preisindex folgen aus der unterschiedlichen Gewichtung der Einzelpreise. Der Laspeyres-Index hält die Preise und Mengen der Basisperiode konstant und informiert über die relative Änderung der Kosten hinsichtlich des Basisjahres, die in der aktuellen Periode zum Erwerb des Warenkorbs aufgewendet werden müssen. Die Indexformel geht also von einem seit dem Basisjahr konstanten Warenkorb aus. Demgegenüber legt ein Paasche-Index den aktuellen Warenkorb zugrunde und gewichtet diesen mit den aktuellen Preisen sowie mit den Preisen, die im Basisjahr vorherrschten. Der Warenkorb gibt z. B. die als repräsentativ angesehene Verbrauchsstruktur der privaten Haushalte an. Dem Verbrauchsschema liegen 750 Sachgüter und Dienstleistungen zugrunde, die zu zwölf Hauptgruppen zusammengefasst werden. Die Ausgaben für die Sachgüter und Dienstleistungen (Lebenshaltungskosten) bilden entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtausgaben das Gewichtungsschema für die Preise. Wichtige Preisindizes sind der BIP-Deflator (Preisindex des BIP), der Index der landwirtschaftlichen und industriellen Erzeugerpreise, Indizes der Lebenshaltung (unterschieden nach: alle privaten Haushalte, Vierpersonenhaushalte von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen bzw. von Angestellten und Beamten mit höherem Einkommen, Zweipersonenhaushalte von Rentnern und Sozialhilfeempfängern sowie für die Lebenshaltung eines Kindes). Vom Preisindex der Lebenshaltung ist der Index der Verbraucherpreise zu unterscheiden, der nur die über den Einzelhandel verkauften Güter berücksichtigt. Meist ist der BIP-Deflator ein Paasche-Index, während die Preisindizes für die Lebenshaltung überwiegend nach Laspeyres berechnet werden. Da der Laspeyres-Index eine konstante Verbrauchsstruktur seit dem Basisjahr unterstellt und diese Annahme mit zunehmender Entfernung von Berichts- zu Basisjahr unrealistisch wird, berechnen die statistischen Ämter Wägungsschema und Warenkorb etwa alle fünf Jahre neu. Je nach Preisindex kann die Inflationsrate unterschiedlich hoch ausfallen.
 
 Harmonisierte Preisindizes
 
Für die Konvergenzprüfung durch die EU wurde zur Überprüfung des Inflationskriteriums nicht auf die nationalen Preisindizes abgestellt. Stattdessen konstruierte Eurostat, das statistische Amt der EU, 1997 einen harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Mit diesem harmonisierten Preisindex sollen länderspezifische Besonderheiten der Lebenshaltung ausgeschaltet werden, um so zu einer größtmöglichen Vergleichbarkeit der Inflationsraten zu gelangen. Dem HVPI, der für jedes EU-Land, aber auch für das Euro-Währungsgebiet berechnet wird, liegt ein Warenkorb zugrunde, der nur die Güter und Dienstleistungen enthält, die sich auch in allen nationalen Warenkörben befinden.
 
 Messprobleme
 
Probleme bei der Inflationsmessung ergeben sich bei Laspeyres-Indizes v.a. aus der Konstanz des Warenkorbs über mehrere Jahre. Das Verbrauchsschema veraltet, da sich in der Realität nicht nur die Produktarten (Modellwechsel, ganz neue Produkte) und Qualitäten der Güter und Dienstleistungen, sondern auch die Verbrauchsgewohnheiten der Konsumenten ändern. Erfassungsprobleme ergeben sich daraus, dass Angebotspreise (z. B. Preislisten) und nicht tatsächlich gezahlte Preise erhoben werden und bei einer festen Auswahl von Berichtsstellen (Geschäfte) neue, preisgünstigere Vertriebsformen zunächst unberücksichtigt bleiben. Ein Problem, das allen erwähnten Indizes eigen ist, besteht darin, dass sie nur ungenügend in der Lage sind, Preisveränderungen aufgrund eines schnellen technischen Fortschritts angemessen zu erfassen. Insgesamt wird angenommen, dass die Preisindizes die Teuerung um etwa 1 % zu hoch ausweisen.

Universal-Lexikon. 2012.

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